Und ewig schläft das Pubertier by Weiler; Jan

Und ewig schläft das Pubertier by Weiler; Jan

Autor:Weiler; Jan
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783492979108
Herausgeber: Piper Verlag GmbH
veröffentlicht: 2017-06-12T14:03:17+00:00


VONNE VERGEBLICHKAIT

Die Tatsache, dass sich im Leben ständig alles wiederholt, gibt uns die Möglichkeit, gewisse Fertigkeiten zu erlangen, die bei der Zahnreinigung oder dem Aufziehen von Schneeketten nicht ohne positive Wirkung bleiben. Bitter ist bloß, wenn sich diese nicht einstellt. Wenn jede Bemühung vergeblich ist. Wenn das Leben seine höhnische Fratze aufsetzt und sagt: »Das hier, das machst du jetzt bitte zum 384 639. Mal. Und morgen machst du es wieder.«

Wie bei Sisyphos, dem ollen Steineroller. Den sollen wir uns ja als glücklichen Menschen vorstellen und uns ein Beispiel an seiner ewigen sympathischen Unverdrossenheit nehmen. Was mir jedoch schwerfällt, wenn ich in der Garderobe stehe und auf die Klamotten meiner Kinder starre. Sie kommen nach Hause und schmeißen ihre Jacken auf den Boden. Dabei habe ich einst in Kleiderhaken investiert. Man kann sie problemlos erreichen. Einfach die Jacke an einem Arm herunterrutschen lassen, mit der am anderen Arm angebrachten Hand zugreifen und die Jacke dann über den Haken werfen. Es ist nicht so kompliziert wie Flüchtlingsströme regeln oder Abgaswerte fälschen. Aber sie machen es nicht. Die Jacke rutscht vom Arm und landet auf dem Boden. Neben dem Rucksack, der fallen gelassen wird wie Sturmgepäck nach einem zehnstündigen Gewaltmarsch. Natürlich habe ich ihre Sachen auch schon liegen lassen, aber das führt zu nichts. Also hänge ich sie auf.

Später versuchte ich vergeblich, Nick von schönen Schuhen für den Schulsport zu überzeugen. Das ist jedoch unmöglich. Er und seine Freunde tragen nur noch Sportschuhe, die an den Füßen aussehen wie Knallbonbons. Was war bitte falsch an den Modellen »Samba«, »Gazelle« und »Allround«? Es gibt sie immer noch, ich zeigte sie ihm, aber er schüttelte nur mitleidig lächelnd den Kopf. Dann probierte er zunächst neongrüne, dann rosa und schließlich orange Plastiklatschen an. Er entschied sich für Letztere. Das Beste, was man über die hässlichen Dinger sagen kann, ist, dass sie für eine große Errungenschaft der zweiten Moderne stehen, nämlich einer gewissen, der allgemeinen Metrosexualität geschuldeten Bekleidungstoleranz. In meiner Schulzeit wäre man für solche Turnschuhe noch über den Schulhof und auf den nächsten Baum gejagt worden. Insofern war ich mit Nicks neuen Schuhen versöhnt, als wir zu Hause ankamen und mein Sohn erwartungsgemäß seine Jacke auf den Boden warf.

Ich hob sie auf und setzte mich an den Rechner, um eine Mail zu schreiben. Ich möchte nämlich kein Wasser mehr geliefert bekommen. Um uns die Schlepperei beim Einkaufen zu ersparen, haben wir eine Getränkefirma beauftragt, alle zwei Wochen Mineralwasser zu bringen. Aber sie bringen zu viel. Das Wasser stapelt sich turmhoch im Keller. Ich habe schon mehrere Mails geschrieben: »Bitte schicken Sie kein Wasser mehr!«, stand darin. Oder: »Wir ertrinken!« Aber es kommt immerzu neues. In blauen Kästen. Also setzte ich mich hin und schrieb der Firma, dass ich mir vorkäme wie der Zauberlehrling. Ich zitierte sogar Goethe: »Soll das ganze Haus ersaufen? Seh’ ich über jede Schwelle doch schon Wasserströme laufen.« Ich verlangte, die Lieferung einfach mal für ein Jährchen auszusetzen.

Dann bat ich die Kinder, vor dem Zubettgehen in ihrem Badezimmer auszumisten. Dort stehen ungefähr



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